Tibetische Räucherstäbchen
Als tibetische Räucherstäbchen wird gewöhnlich die Art von Räucherstäbchen bezeichnet, wie sie in Tibet (heute China), und im angrenzenden Nepal und Bhutan vorkommen. Räucherwerk ist ein wichtiger Bestandteil der alten tibetischen Kultur. So wurden etwa Tributzahlungen an den chinesischen Kaiser zum Teil in Form von Räucherwerk entrichtet, und dadurch höchster Respekt gezollt.
Charakteristisch für tibetische Räucherstäbchen ist ein oft „erdiges“ oder kräuterbestimmtes Aroma sowie eine Vielzahl von Zutaten, oft bis zu 30 verschiedene.
In der tibetischen Medizin wurden Räucherstäbchen als Heilungsmittel für Krankheiten verwendet. Dies wird in den alten tibetischen Medizinbüchern von den „Vier Tantras“ beschrieben (Ur-Tantra, Tantra der Erleuchtung, Tantra der Belehrung, Abschluss-Tantra), auch bekannt unter dem tibetischen Namen „Rgyudbzhi“. Dieses Werk ist bis heute die zentrale Wissensquelle für die tibetische Medizin. Darin wird beschrieben, daß alles im Universum aus den fünf Proto-Elementen „Sa“ (Erde), „Chu“ (Wasser), „Me“ (Feuer), „Rlung“ (Wind, Luft), und „Nam-mkha“ (Raum) aufgebaut ist. Bis auf letzteres spielen alle diese Elemente eine Rolle in der Klassifikation der Krankheiten. Jedes der Elemente umfaßt acht wirksame Kräfte und kann in 17 verschiedenen Eigenschaftszuständen auftreten. Einige dieser Elemente sind auch in den drei Körperenergien des Menschen enthalten. Nach der tibetischen Medizinlehre kann ihr Ungleichgewicht beim Menschen die Harmonie der „Drei Flüssigkeiten“ stören und so zu Krankheiten führen.
Die ursprünglichen Mischungsrezepte zur Herstellung von tibetischen Räucherstäbchen stammen sowohl aus den buddhistischen Klöstern als auch aus Medizinschulen. Oft können diese Herstellungsanweisungen in alten Dokumenten bis zurück zum Urheber der Mischungen zurückverfolgt. werden. Doch durch die zunehmende Kommerzialsierung, und damit die Mischung und Herstellung der Räucherstäbchen auch außerhalb der authentischen Bereiche, droht das alte Wissen um diese traditionelle tibetische Kunst verfälscht zu werden.